Künstler
Giovanni BelliniTitel
Christus am KreuzDatierung
um 1490–1505Technik / Material
Öl auf HolzMaße
Höhe: 81 cm; Breite: 49 cmCreditline
Banca Popolare di Vicenza S.p.A. in LCACopyright
Banca Popolare di Vicenza S.p.A. in LCAChristus am Kreuz – eines der zentralen Motive in der christlichen Kunst. Doch wie gestaltet Giovanni Bellini diesen Topos der Kunstgeschichte aus?
Er rückt das monumentale Kreuz direkt an die Bildgrenze, in gewisser Weise in den Raum der Betrachtenden. Und das massive Holzkreuz reicht über die gesamte Höhe der Tafel; es versperrt gleichsam den Eintritt in den Bildraum.
Während Carpaccio daran gelegen ist, die Betrachtenden auf eine Reise durch die Erzählung seiner Gemälde mitzunehmen, folgt Giovanni Bellini einer gänzlich anderen Idee: Seine Komposition lädt nicht zum Erkunden eines halb imaginären, halb realistischen Raumes ein – sie fordert zur Meditation auf. Die Schädel, die am Fuß des Kreuzes wohlgeordnet auf dem steinigen Boden liegen, verweisen auf die Vergänglichkeit und die Erbsünde Adams, die dem christlichen Glauben nach durch den Opfertod Christi getilgt wurde. Hinter dem Kreuz erheben sich ein paar kahle Bäume, nur am linken Bildrand hat ein einzelner Ast eine neue Krone ausgebildet – ein symbolischer Verweis auf die Ablösung des Alten Bundes (also des Judentums) durch das entstehende Christentum.
Im Hintergrund, links neben dem Kreuz, sind zwei markante Bauten der Stadt Vicenza zu sehen: der Dom und die Torre Bissara, einer der höchsten Türme der Stadt, errichtet von der Familie Bissari. Zudem sind der Dom von Ancona sowie vermutlich der Glockenturm von Santa Fosca in Venedig dargestellt.
Obwohl die Landschaft und die Stadt im Hintergrund durchaus realistisch gestaltet sind, versperrt sich das Gemälde einem erzählerischen Zugang. Giovanni Bellini zeigt uns den Tod am Kreuz, über den wir im Moment der Bildbetrachtung nachdenken sollen. Er gibt uns keine Anleitung zur Anschauung seines Werkes, sondern fordert uns zur religiösen Mediation über das dargestellte Heilsgeschehen auf.