Künstler
Vittore CarpaccioTitel
Martyrium des heiligen StephanusDatierung
1520Technik / Material
Mischtechnik auf Leinwand (Flachsgewebe in Fischgratköperbindung)Maße
Höhe: 148,5 cm; Breite: 170 cmCreditline
Staatsgalerie Stuttgart, erworben 1852 mit der Sammlung Barbini-Breganze, VenedigCC-Lizenz
Public Domain Mark 1.0 - Weltweit frei von bekannten urheberrechtlichen Einschränkungen
Künstler
Vittore CarpaccioTitel
Weihe des heiligen Stephanus zum DiakonDatierung
1511Technik / Material
Öl auf LeinwandMaße
Höhe: 149,5 cm; Breite: 235,3 cmCreditline
Staatliche Museen zu Berlin, GemäldegalerieCopyright
Staatliche Museen zu Berlin, Gemäldegalerie / Christoph SchmidtCC-Lizenz
Public Domain Mark 1.0 - Weltweit frei von bekannten urheberrechtlichen Einschränkungen
Künstler
Vittore CarpaccioTitel
Predigt des heiligen StephanusDatierung
1514Technik / Material
Öl auf LeinwandMaße
Höhe: 148 cm; Breite: 194 cmCreditline
Paris, Musée du LouvreCopyright
bpk | GrandPalaisRmn | Gérard BlotKünstler
Vittore CarpaccioTitel
Disputation des heiligen StephanusDatierung
1514Technik / Material
Öl auf LeinwandMaße
Höhe: 147 cm; Breite: 172 cmCreditline
Pinacoteca di Brera, MilanoCopyright
Pinacoteca di Brera, MilanoDieses Gemälde aus dem Bestand der Staatsgalerie Stuttgart hat eine Höhe von etwa 150 Zentimetern und ist 170 Zentimeter breit. Das Querformat ist mit Ölfarben auf Leinwand gemalt.
Das Bild zeigt im Vordergrund eine Ansammlung von Männern, von denen einige faustgroße Steine in den Händen halten. Ein paar zielen auf einen knienden Mann mit Heiligenschein. Im Hintergrund erhebt sich links eine Stadt neben einer Gebirgslandschaft, die in abendliches Licht getaucht ist.
Vor den bewaldeten Bergen kniet mittig am rechten Bildrand Stephanus, der Mann mit Heiligenschein. Mit erhobenen Händen blickt er in den Himmel auf eine Erscheinung. Diese ist als gold-orange Fläche, umgeben von grauen Wolken, in der rechten oberen Bildecke dargestellt. Stephanus hat schulterlange gewellte hellbraune Haare. Er trägt eine reich verzierte, rot-gold durchwirkte Tunika über einem weißen Untergewand. Die goldenen Kreuze auf der Tunika sowie eine rote Stola mit goldenem Kreuz über seinem linken Handgelenk kennzeichnen ihn als christlichen Diakon.
Um Stephanus stehen einige Männer mit Turbanen, gegürteten Gewändern und Stiefeln. Sie heben Steine auf oder haben sie zum Wurf erhoben. Auf einer Anhöhe in ihrer Mitte steht ein Mann, der nur von hinten zu sehen ist und mit ausgestrecktem Arm nach rechts auf Stephanus deutet. In seinem Rücken, in der linken unteren Bildecke, drängen sich Männer mit langen Bärten und drei Soldaten. Diese tragen Brustpanzer und Langschwerter oder Hellebarden. Einer der Soldaten hat verschiedenfarbige enge Beinkleider mit unterschiedlichen Mustern an.
In seiner Nähe, links unten im Bild, sitzt ein Mann in langer roter Hose und schwarzem Wams auf dem Boden. Auf dem Kopf trägt auch er einen Turban. Es handelt sich um Saulus, der später nach seiner Bekehrung zum heiligen Paulus werden wird. Saulus blickt - wie Stephanus - in den Himmel zu der gold-orangen Erscheinung.
Links oben im Bild bedecken die eng aneinander stehenden Häuser der Stadt eine Hügelkuppe. Türme ragen in den blauen Himmel darüber. Die Stadt ist ringförmig von einer hohen Mauer umgeben. Aus einem Torbogen links strömen Menschen auf einem Weg aus der Stadt. Einige reiten auf Pferden. Andere sind stehen geblieben und blicken in Richtung der um Stephanus versammelten Männer.
So beschreibt die Apostelgeschichte den Tod des ersten christlichen Märtyrers. Stephanus war in der Jerusalemer Urgemeinde zum Diakon – also zum Seelsorger – gewählt worden. Später wird er vor den Hohen Rat zitiert, der Gotteslästerung angeklagt und hingerichtet.
Carpaccio lässt die Szene vor den Toren von Jerusalem spielen. Sie sehen die Stadt links im Bild. Rechts kniet Stephanus und blickt andächtig in den sich öffnenden Himmel. Doch die ersten Männer haben bereits Steine ergriffen und sind im Begriff sie auf den Diakon zu werfen.
„Und sie steinigten Stephanus; der rief den Herrn an und sprach: Herr Jesus, nimm meinen Geist auf! Er fiel auf die Knie und schrie laut: Herr, rechne ihnen diese Sünde nicht an.“
Wer sind diese Männer? Carpaccio stattet sie mit den unterschiedlichsten Merkmalen aus: Die Männer mit den weißen Turbanen tragen osmanische Tracht. Andere haben lange, weiße Bärte und Tücher um ihre Häupter geschwungen – es sind die in der Apostelgeschichte erwähnten Schriftgelehrten. Wieder andere sind durch ihre gemusterten Beinkleider als nordeuropäische Landsknechte zu erkennen.
Auch hier verlässt Carpaccio den historischen Rahmen der biblischen Erzählung, um das dargestellte Geschehen zu aktualisieren: Einige der Feinde des Märtyrers Stephanus sind dieselben, die zu seinen Lebzeiten auch die Republik Venedig bedrohen.
Er schuf sein Gemälde für die Scuola di Santo Stefano – eine venezianische Laienbruderschaft, deren Mitglieder sich auch der Armenfürsorge widmeten. Das Werk gehört zu einem fünfteiligen Gemäldezyklus, der das Leben des Namenspatrons Stephanus im Schnelldurchlauf erzählt. Die vier erhaltenen Werke des Zyklus sind im Mediaguide abgebildet. Achten Sie beim Betrachten vor allem auf die Lichtverhältnisse: Findet die Weihe des jungen Diakons noch im hellen Morgenlicht statt, die Predigt um die Mittagszeit, die Disputation vor dem Hohen Rat am Nachmittag, erglüht die Steinigung schließlich in den warmen Rottönen des heraufziehenden Abends.
Während Sie sich die verschiedenen Stephanus-Szenen anschauen, können Sie einem Musikstück von Adrian Willaert zuhören – als einer der bedeutendsten Komponisten seiner Zeit wirkte er über Jahrzehnte als Kapellmeister am Markusdom in Venedig. Er widmete dem Heiligen eine Motette: „Beatus Stephanus“ – „Seeliger Stephanus“.
Lesen wir zuerst aus der Apostelgeschichte: „Als sie das hörten, ging’s ihnen durchs Herz und sie knirschten mit den Zähnen über ihn. Er aber, voll Heiligen Geistes, sah auf zum Himmel und sah die Herrlichkeit Gottes […] und sprach: Siehe, ich sehe den Himmel offen […]. Sie schrien aber laut und […] stießen ihn zur Stadt hinaus und steinigten ihn.“
In dieser Bibelstelle geht es um den Tod des ersten christlichen Märtyrers. Stephanus war ein Seelsorger in der ersten christlichen Gemeinschaft in Jerusalem. Später wurde er vor Gericht gebracht, weil er angeblich Gott beleidigt hatte. Als Strafe wurde er gesteinigt.
Die Steinigung findet vor den Toren von Jerusalem statt. Sie sehen die Stadt links im Bild. Rechts kniet Stephanus und schaut in den Himmel, der sich für ihn öffnet. Einige der Männer haben bereits Steine auf Stephanus geworfen, andere heben welche vom Boden auf oder haben sie in der Hand, um sie gleich auf Stephanus zu werfen.
Die Apostelgeschichte beschreibt den Moment so: „Und sie steinigten Stephanus; der rief den Herrn an und sprach: Herr Jesus, nimm meinen Geist auf! Er fiel auf die Knie und schrie laut: Herr, rechne ihnen diese Sünde nicht an.“
Die Männer, die Stephanus steinigen, sind ganz unterschiedlich gekleidet. Manche tragen weiße Turbane, andere haben lange weiße Bärte und Kopftücher – sie sind die Schriftgelehrten aus der Bibel. Wieder andere tragen gemusterte Hosen und sehen aus wie europäische Soldaten. Carpaccio zeigt nicht nur Menschen aus der Zeit von Stephanus, sondern auch Feinde, die zu seinen Lebzeiten Venedig bedrohten.
Carpaccio malte das Bild für eine Laienbruderschaft in Venedig, die sich auch um arme Menschen kümmerte. Das Bild stammt aus eine Serie von fünf Bildern. Die Bilder erzählen das Leben des Stephanus.
Die erhaltenen vier Bilder können Sie im Mediaguide ansehen. Achten Sie besonders auf das Licht: Die Weihe von Stephanus findet im hellen Morgenlicht statt, seine Predigt um die Mittagszeit, die Rede vor dem Hohen Rat am Nachmittag und die Steinigung schließlich im Sonnenuntergang.