Künstler
Vittore CarpaccioTitel
Lesende MariaDatierung
um 1505–1510Technik / Material
Öl auf Holz, auf Leinwand übertragenMaße
Höhe: 78 cm; Breite: 51 cmCreditline
Washington, National Gallery of Art, Samuel H. Kress CollectionCopyright
Washington, National Gallery of ArtCC-Lizenz
Public Domain Mark 1.0 - Weltweit frei von bekannten urheberrechtlichen Einschränkungen
Katze:
Mensch, Mausi, ich glaube, du hattest recht.
Maus:
Ja klar. Aber womit?
Katze:
Na, mit deiner „Baum-Theorie“. Guck mal, hier ist es auch so: ein kahler Baum und ein Baum voller Blätter, aus dem oben sogar noch ganz viele junge Zweige herauswachsen.
Maus:
Und Maria ist auch wieder dabei. Sie ist sogar die Hauptperson in diesem Bild, wie sie da ganz allein sitzt und liest. Um den Kopf herum hat sie wieder den goldenen Ring, den Heiligenschein. Nur ihr Sohn Jesus… der ist irgendwie… nicht zu entdecken.
Katze:
Ist er doch! Ich hab’s! Meinen scharfen Augen entgeht nichts! Links am Bildrand, da saß er früher, da erkennt man noch einen Arm und einen Fuß.
Maus:
Au weia! Der ist abgeschnitten worden!
Katze:
Hm, sieht ganz so aus.
Maus:
Der arme Meister Carpaccio! Da hat er mit Mühe und Sorgfalt sein Bild gemalt… und dann…
Katze:
… schneidet einfach jemand einen Teil davon ab!
Maus:
Kunstbanausen, kann ich da nur sagen! Wenn die wüssten, wie schwierig und aufwändig es vor 500 Jahren war, so ein Bild zu malen.
Meister Carpaccio musste bestimmte Steine und Pflanzen kaufen, trocknen, zermahlen, anrühren, mischen und so weiter und so fort… bis er erst einmal die Farben hatte, mit denen er das Bild malen wollte.
Dann musste er Stoff auf einen Holzrahmen spannen, diesen Stoff auf verschiedene Arten vorbehandeln, dann die Vorzeichnung auftragen… also so eine Vorlage mit ganz dünnen Strichen, die er nachmalen konnte…
und das eigentliche Malen, das hat dann meistens mehrere Monate gedauert. So ein Gemälde ist also richtig viel Arbeit!
Katze:
… auch wenn der gute Carpaccio… ja manchmal von sich selbst abgemalt hat.
Maus:
Von sich selbst abgemalt? Wie meinst du das?
Katze:
Na… diese sitzende Frau… haben wir die nicht irgendwo schon einmal gesehen? Hmm… Ja, ich hab’s! Das große Bild im letzten Raum! Da, wo Maria geboren wurde. Da saß auch so eine Frau, auf einer flachen Mauer. Aber sie hat nicht gelesen, sondern irgendetwas anderes gemacht. Aber sie hatte auch so ein Kleid aus glänzendem Stoff an und sah ziemlich ähnlich aus.
Maus:
Na und? Warum sollte Carpaccio es sich denn nicht auch mal etwas einfacher machen und eine Figur mehrmals malen – noch dazu in einem so schönen Kleid, wie es im Venedig zu seiner Zeit Mode war. Wenn er damit Erfolg hat und die Leute seine Bilder schön finden, warum denn eigentlich nicht?