Künstler
Vittore CarpaccioTitel
Die Flucht nach ÄgyptenDatierung
um 1516–1518Technik / Material
Öl auf HolzMaße
Höhe: 72 cm; Breite: 111 cmCreditline
Washington, National Gallery of Art, Andrew W. Mellon CollectionCopyright
Mit freundlicher Genehmigung der National Gallery of Art, WashingtonCC-Lizenz
Public Domain Mark 1.0 - Weltweit frei von bekannten urheberrechtlichen Einschränkungen
Maria:
Josef, ist es noch weit? Das Kind wird unruhig!
Josef:
Wir sind doch gerade erst losgezogen.
Katze:
Losgezogen… nach Ägypten. Josef, Maria und das neugeborene Jesuskind sind nämlich auf der Flucht. Maria ist nun eine erwachsene Frau und hat gerade ein Kind geboren. Sie weiß, dass der grausame Herrscher Herodes alle Neugeborenen umbringen lässt. Herodes hat nämlich durch eine Weissagung erfahren, dass der nächste König geboren wurde. Und da hat er sich gedacht: Wenn ich diesen nächsten König gleich nach seiner Geburt umbringen lasse, dann kann ich selbst länger König bleiben.
Nur, was er nicht verstanden hat: Jesus, der Sohn der Maria, hat gar kein Interesse daran, diesen Herodes zu entmachten. Er wird kein König werden, der ein Land regiert, sondern der König einer neuen Religion: des Christentums.
Aber trotzdem müssen die drei jetzt fliehen. Nach Ägypten, dort sind sie sicher.
Aber… wo ist eigentlich unsere Maus abgeblieben?
Hier bin ich!
Katze:
Wo ist „hier“?
Maus:
Hier! Im Bild, im Gras hinter dem Esel. Mir ist nämlich etwas aufgefallen, was ich kurz überprüfen wollte. Und… es stimmt!
Katze:
Und das wäre?
Maus:
Schau dir mal die Landschaft an.
Katze:
Ein Sandweg mit Steinen, Gras, eine Wiese, ein Fluss mit Booten … hmm… sieht aus wie in Norditalien, wo Carpaccio gewohnt hat.
Maus:
Das auch.
Katze:
Und was noch?
Maus:
Die Bäume rechts und links. Fällt dir nichts auf? Mit deinen scharfen Augen?
Katze:
Die Bäume rechts und links?? … manche haben mehr Blätter, manche weniger, der Baum ganz rechts sogar gar keine…
Maus:
Bingo! Das ist es! Die Bäume, an denen Maria, Jesus und Joseph schon vorbeigekommen sind, die sehen gesund und saftig grün aus. Und die Bäume, an denen sie noch nicht vorbeigekommen sind, die sind noch kahl oder zumindest etwas kränklich.
Katze:
Ja, und? Was bedeutet das?
Maus:
Warte mal, ich komm mal wieder aus dem Bild heraus.
Also, das ist ein Trick von Carpaccio. Oder ein Hinweis. Oder ein Zeichen. Er will sagen: Überall, wo Jesus – also derjenige, der im christlichen Glauben die Menschheit retten wird – überall wo der langkommt, blüht das Leben wieder auf und allen geht es gut. Auch den Bäumen.
Katze:
Na, ich weiß nicht. Ist es so einem Baum nicht egal, wer an ihm vorbeigeritten kommt?
Maus:
Ist ja auch nicht in echt gemeint, sondern nur so als Zeichen...