Künstler
Vittore CarpaccioTitel
Ankunft der Gesandten in der BretagneDatierung
um 1496–1498Technik / Material
Original: Öl auf Leinwand; Reproduktion: PVC-Gewebe, hinterleuchtetMaße
Original: Höhe: 278 cm; Breite: 589 cmReproduktion: Höhe: 168 cm; Breite: 354 cm
Creditline
Venedig, Gallerie dell’AccademiaCopyright
©G.A.VE - Archivio fotografico – “su concessione del Ministero della Cultura”Die hier ausgestellten Reproduktionen des neunteiligen Ursula-Zyklus sind im Verhältnis zu den Originalwerken deutlich verkleinert und bilden diese mit nur 60% ihrer eigentlichen Größe ab. Trotzdem ist die Reproduktion des ersten Gemäldes des Zyklus immer noch knapp 1,70 Meter hoch und gut 3,50 Meter breit. Alle originalen Werke des Ursula-Zyklus befinden sich in der Gallerie dell’Accademia in Venedig.
Das riesige Querformat zeigt den Blick in drei nebeneinanderliegende Räume eines Gebäudes, das sich in die Tiefe des Bildraums erstreckt. Der mittlere Raum ist doppelt so groß wie die Räume links und rechts.
Der linke Raum ist ein Arkadengang, der vom Bildvordergrund in den Hintergrund verläuft. Zwischen den schräg nach hinten aufgereihten Säulen und Pfeilern sieht man am linken Bildrand einen Kanal. Darauf schwimmt eine Gondel. Einige bunt gekleidete Männer stehen unter den Arkadenbögen im Gang, manche lehnen am Geländer zwischen den Stützen. Andere Männer lugen zwischen den Pfeilern hindurch in den mittleren Raum.
Dort führen Stufen auf ein Podest mit einem Thron an der rechten Wand der Loggia. Auf den Stufen sowie vor dem Podest knien je zwei Männer, die respektvoll ihre Kopfbedeckung abgenommen haben. Drei der Gesandten haben halblange blonde Haare, der vierte ein kurzgeschorenes Haupt. Der Vorderste ist in ein goldbesticktes Gewand gekleidet. Er überreicht dem dunkelhaarigen König auf dem Thron mehrere Blätter Papier. Der König mit Namen Maurus trägt Krone und Zepter. Er ist in ein goldenes Gewand gehüllt und wird zu beiden Seiten von je zwei sitzenden Männern flankiert. Sie alle tragen dunkle Kappen.
Die Loggia ist durch ein Geländer von einem weiten Platz im Hintergrund getrennt, der von einer Vielzahl an Männern bevölkert ist. Einige blicken über das Geländer herein. Der Platz wird durch einen Kanal mit zwei Segelschiffen begrenzt, hinter denen sich prächtige Stadthäuser und ein großer achteckiger Bau mit Kuppeldach erheben.
Eine Wand trennt die Loggia von dem erhöht liegenden Raum rechts. Am Fuß einer Treppe, rechts unten im Bild, sitzt eine alte Frau mit Stock – es ist Ursulas Amme. Zu einem schwarzen Kleid trägt sie ein Schultertuch und eine Haube in Weiß. Sie blickt in die Ferne. Die Stufen enden in dem erhöht liegenden Raum, Ursulas Schlafzimmer.
Dort sitzt, neben einem Bett mit Baldachin, König Maurus, den Kopf in die Hand gestützt. Vor ihm steht seine Tochter Ursula in einem blauen Kleid. Darüber liegt ein breites rotes Tuch wie eine Schärpe. Ihre langen blonden Haare sind am Hinterkopf in einem Zopf zusammengefasst. Ursula blickt zum Vater und tippt mit ihrem rechten Zeigefinger auf die Finger an der linken Hand, als würde sie etwas aufzählen. An der Wand hinter den beiden hängt ein Madonnenbild in goldenem Rahmen.
„Es war […] ein frommer König, […] Maurus mit Namen, der hatte eine Tochter, die hieß Ursula. Die war so ehrbaren Wandels, so weise und so schön, dass ihr Name flog weiter durch die Lande. Da war auch der König von Engelland, […] vor den kam der Ruhm dieser Jungfrau, also dass er sprach: er wäre über alles selig, wann er die Jungfrau seinem einigen Sohn könne zum Weibe geben.“
So beginnt die Erzählung des Martyriums der heiligen Ursula. Die darauf folgende Szene spielt sich hier vor Ihren Augen ab: Die Gesandten des englischen Königs sind am Hof eingetroffen. In silber- und goldbestickten Damastkleidern knien sie vor König Maurus und überreichen ihm den Brief, in dem ihr Herr um die Hand der Königstochter Ursula anhält. Maurus nimmt das Schreiben entgegen, vier Berater beobachten die Szene skeptisch.
Carpaccio inszeniert diese Zeremonie in Anlehnung an die Gepflogenheiten des venezianischen Dogenhofs – und dies ist kein Versehen, sondern ein selbstbewusstes Statement: Im 15. Jahrhundert hatten sich erste diplomatische Kontakte entwickelt und die Venezianer richteten erste Botschaftersitze in anderen Ländern ein. Die reiche Handelsstadt Venedig zählt zu den ersten Stadtstaaten, die diplomatische Beziehungen pflegten – Heiratsallianzen eingeschlossen.
Möchten Sie wissen, wie sich die schöne Ursula entschied? Sie sehen es rechts im Gemälde: Maurus überbringt seiner Tochter das Heiratsgesuch und blickt sorgenvoll drein. Das Problem: Der englische König und sein Sohn sind noch nicht zum Christentum übergetreten. Ursula allerdings hat sich bereits entschieden. An ihren Fingern zählt sie dem Vater ihre Bedingungen auf. Ihre alte, weise Amme sitzt vor dem Gemach und blickt düster in die Zukunft.
Hier sehen Sie Bilder aus einer Bilderserie über das Leben der heiligen Ursula. Ursulas Geschichte ist ein Martyrium. Martyrium bedeutet, dass jemand für seinen Glauben gequält und getötet wird.
Hier sehen Sie das erste Bild aus der Reihe.
Die Botschafter des englischen Königs sind am Hof von Ursulas Vater, dem König der Bretagne, angekommen.
In mit Silber und Gold bestickter Kleidung knien Sie vor ihm. Sie überreichen einen Brief in dem steht, dass der Sohn des englischen Königs Prinzessin Ursula heiraten möchte. Vier Berater von Ursulas Vater schauen zu.
Rechts können Sie sehen, wie es weitergeht: Ursulas Vater bringt seiner Tochter den Brief und schaut sie dabei besorgt an. Es gibt ein Problem: Ursula und ihre Familie sind Christen, der englische König und sein Sohn gehören jedoch nicht dem Christentum an.
Ursula hat sich zwar schon für die Hochzeit entschieden, stellt jedoch einige Bedingungen, die sie an ihren Fingern aufzählt. Vorne im Bild sitzt eine alte Frau. Sie war früher Ursulas Kindermädchen. Sorgenvoll schaut sie in Ursulas Zukunft.