Was er wohl gerade denkt, dieser Mann mit dem schiefsitzenden roten Barett (so nennt man in Venedig eine Kappe), der uns aufmerksam mustert? Er hat seinen schmalen Mund zusammengekniffen und sitzt sehr gerade. Er schaut selbstbewusst und trägt teure Kleidung, wie zum Beispiel einen leuchtend roten Mantel. Er gehört zur Oberschicht von Venedig.
Doch wer war dieser Mann? Trotz der einzigartigen Gesichtszüge wissen wir das heute nicht mehr. Auch die Landschaft im Hintergrund gibt keinen Hinweis darauf, wer er ist.
Das ist schade, denn Carpaccio hat sehr sorgfältig den Ausdruck und die Persönlichkeit des Mannes gemalt. Das war damals etwas Neues: Angehörige der Oberschicht mussten früher ihre adlige Familie oder ihre Ämter vertreten und deren Macht und Ansehen vergrößern. Wer sie als Mensch waren, war nicht so wichtig. Aber kurz vor 1500 ändert sich das: Vittore Carpaccio und einige andere Maler interessieren sich für die Persönlichkeit und den Charakter ihrer Modelle. Sie malen Porträts, die lebendig wirken. Und tatsächlich: Der unbekannte Herr mit seiner roten Kappe wirkt, als würde er uns im nächsten Moment ansprechen, so lebensecht ist er gemalt.
Schauen Sie sich auch die anderen Bilder hier im Raum an. Manche Menschen sind eher starr und unbeweglich gemalt, andere lebendig und individuell.