Vittore Carpaccio gilt als einer der besten Geschichtenerzähler seiner Zeit. An diesem Bild sieht man warum. Das Bild zeigt die Geburt von Maria.
Die Geburt findet in einem wohlhabenden Haushalt statt. Ein Kindermädchen will das Kind in einer flachen Holzbadewanne baden. Eine Dienerin kümmert sich um Anna, die gerade ihr Kind, die kleine Maria, geboren hat. Vorne im Bild sitzt eine Frau auf einer kleinen Mauer und wickelt eine Binde auf. In den hinteren Räumen sind zwei weitere Dienerinnen bei der Hausarbeit zu sehen. Nur Joachim, der einzige Mann im Bild, ist untätig. Er hat sich auf seinen Stock gestützt und blickt auf die Szene.
Carpaccio malte das Bild für die Scuola degli Albanesi, den Treffpunkt der albanischen Gemeinschaft in Venedig. Bei Carpaccio wird Maria in einem wohlhabenden Haushalt in Venedig geboren.
An der Wand hängt eine Wandtafel mit hebräischen Schriftzeichen. Kurz bevor Carpaccio seine „Geburt Mariens“ malte, war in Venedig ein Lehrbuch für hebräische Sprache erschienen. Die Schrift auf der Wandtafel stammt aus diesem Buch. Zur Zeit von Marias Geburt wurde Hebräisch gesprochen und geschrieben. Carpaccio wollte aber keinen jüdischen Haushalt in Venedig darstellen. Mit der Schrifttafel brachte er beides zusammen: Die Geschichte von Marias Geburt, aus der vorchristlichen Zeit, spielt in seiner Gegenwart in einem wohlhabenden Haushalt in Venedig.