Künstler
Albrecht DürerTitel
Die Geburt Mariens (aus: Das Marienleben, Blatt 5)Datierung
um 1503Technik / Material
Holzschnitt auf BüttenpapierMaße
Höhe: 30,5 cm; Breite: 21,7 cmCreditline
Staatsgalerie Stuttgart, Graphische Sammlung, Leihgabe 1965 Freunde der Staatsgalerie Stuttgart e.V., Stiftung Max Kade Foundation, New YorkCC-Lizenz
Bei diesem Holzschnitt handelt es sich um eine Schwarz-Weiß-Darstellung auf Büttenpapier. Das Blatt stammt aus der Grafischen Sammlung der Staatsgalerie Stuttgart und misst etwa 30 x 21 Zentimeter. Es zeigt einen Blick durch einen Rundbogen in ein Zimmer. Dort haben sich zahlreiche Frauen in der Nähe eines Bettes versammelt, in dem eine erschöpfte Frau ruht. Über der Szene schwebt ein Engel. Er schwenkt ein Weihrauchfass.
Das Bett befindet sich etwas rechts von der Bildmitte. Es hat einen Baldachin und Vorhänge. Die geöffneten Vorhänge sind mit ihren Enden um die Bettpfosten geschlungen. Im Bett lehnt Anna, die Mutter Marias, an einem Kissen am Kopfende. Die kraftlosen Hände liegen im Schoß auf der Decke. Anna sieht vor sich hin. Eine der am Kopfende stehenden Frauen reicht ihr einen Teller.
Eine andere Frau sitzt vor dem Bett am Fußende. Ihr Oberkörper liegt, den Kopf auf den Arm gebettet, auf der Matratze. Sie scheint zu schlafen.
Rechts unten im Bild hockt eine Frau vor einem hölzernen Zuber auf dem Ende einer Bank. Sie hält ein Baby – die neugeborene Maria – auf den Knien. Die kleine Maria ist in ein Tuch gewickelt und streckt das rechte Ärmchen nach oben. Die Frau betrachtet ihr Gesicht.
An einem Tisch neben ihr sitzen zwei Frauen in geschnürten Kleidern und mit voluminösen Hauben. Eine reicht der anderen einen Becher. Auf dem Tisch steht ein Korb, neben dem ein Messer liegt. Vor dem Tisch steht mit gesenktem Kopf und niedergeschlagenen Augen eine junge Frau. Sie hält eine Kanne. Eine von den Frauen mit Haube mustert sie.
Links unten im Bild sitzt eine Frau am Boden, die ein stehendes Kleinkind unter der Achsel stützt. Rechts neben den beiden trinkt eine ältere Frau aus einer Kanne. Eine dritte Frau hat auf einem Stuhl nahe bei den Dreien Platz genommen. Sie hält die Arme unter der Brust verschränkt und lächelt.
An der linken Wand des Zimmers sind verschiedene Gegenstände auf einem Sims und einer Truhe platziert, darunter ein Kerzenleuchter mit heruntergebrannter Kerze, eine Schere und ein Buch.
Über allem schwebt der Engel mit ausgebreiteten Flügeln in einem Wolkenmeer. Er nimmt nahezu das gesamte obere Drittel der Darstellung ein. Rauchschwaden aus dem Weihrauchfass breiten sich unter ihm nach links und rechts aus.
Es sei unmöglich ihn „an Erfindung, Anordnung der Perspektive, an Gebäuden und Trachten, an jungen und alten Köpfen zu übertreffen.“
So urteilte Giorgio Vasari, der berühmte italienische Künstlerbiograph, über einen der wohl wichtigsten nordeuropäischen Künstler, der im Herbst 1505 die Alpen überquerte und Venedig besuchte: Albrecht Dürer.
Schon vor seiner Abreise nach Italien hatte Dürer 17 der insgesamt 19 Holzschnitte veröffentlicht, die er später zu seinem Zyklus „Das Marienleben“ zusammenfassen sollte. Dieser Zyklus schildert in bewegten Szenen das Leben der Gottesmutter: von der Hoffnung und Erwartung ihrer Eltern, über ihre Geburt, ihr Aufwachsen und ihre Verlobung mit Josef, über die Verkündung, die Geburt Jesu, die Flucht nach Ägypten, bis hin zum Auszug des Sohnes und dem Tod und der Krönung Mariens.
Bei den italienischen Künstlern stießen die Blätter des Marienzyklus auf reges Interesse und schon bald kursierten Nachdrucke der Holzschnitte. Lassen Sie Ihren Blick über Dürers „Geburt Mariens“ wandern: Im Bildvordergrund sind zahlreiche Frauen zusammengekommen, um dem Ereignis beizuwohnen, das sich soeben im Hintergrund ereignet hat: Anna liegt von den Strapazen der Geburt erschöpft in einem großen Himmelbett. Rechts vorn badet eine Frau den neugeborenen Säugling in einem hölzernen Zuber. Im oberen Teil des Blattes hat sich der Himmel geöffnet und gibt den Blick auf einen Weihrauch schwenkenden Engel frei.
Hatte Vasari den Erfindungsreichtum, die Perspektive und die charaktervolle Darstellung von Gesichtern jeglichen Alters gerühmt – hier ist alles zu entdecken. Dürers Bildfindungen übten einen prägenden Eindruck auf die venezianischen Künstler im Allgemeinen und den nur wenig älteren Carpaccio im Besonderen aus.
Wenn Sie sich jetzt noch die anderen Werke aus Dürers „Marienleben“ anschauen, können Sie dabei einem Musikstück von Josquin Desprez lauschen. Desprez war einer der berühmtesten und ideenreichsten Komponisten der Renaissance und wirkte an verschiedenen Höfen in Italien und Frankreich. Sie hören seine Motette „O bone et dulcis Domine Jesu“ – „oh, guter und lieblicher Herr Jesus“.
Giorgio Vasari, ein italienischer Künstler, schrieb über Albrecht Dürer: Es ist unmöglich ihn „an Erfindung, Anordnung der Perspektive, an Gebäuden und Trachten, an jungen und alten Köpfen zu übertreffen.“
Im Herbst 1505 besuchte Albrecht Dürer Venedig. Vor seiner Abreise nach Italien hatte Dürer schon viele Bilder geschaffen. Die Holzschnitte erzählen das Leben von Maria: Von ihrer Geburt bis zu ihrem Tod und ihrer Krönung im Himmel.
Die italienischen Künstler interessierten sich sehr für Dürers Bilder. Und schon bald wurden Kopien seiner Bilder verbreitet. Schauen wir uns das fünfte Blatt mit der Geburt Mariens mal genauer an: Im Vordergrund sind einige Frauen zusammengekommen, um zuzuschauen. Im Hintergrund liegt Anna erschöpft von der Geburt in einem großen Himmelbett. Rechts vorne badet eine Frau den neugeborenen Säugling in einer Holzbadewanne. Oben im Bild öffnet sich der Himmel und wir sehen einen Engel.
Vasari lobte Dürers Ideen und die ausdrucksstarken Gesichter in seinen Bildern. Dürers Bilder hatten einen großen Einfluss auf die Künstler in Venedig, besonders auf Carpaccio.