Künstler
Vittore CarpaccioTitel
Der heilige Thomas von Aquin mit den Heiligen Markus und Ludwig von Toulouse (Pala Dragan)Datierung
1507Technik / Material
Mischtechnik auf PappelholzMaße
Höhe: 266,2 cm; Breite: 185,4 cmCreditline
Staatsgalerie Stuttgart, erworben 1852 mit der Sammlung Barbini-Breganze, VenedigCC-Lizenz
Public Domain Mark 1.0 - Weltweit frei von bekannten urheberrechtlichen Einschränkungen
Titel
Infrarotaufnahme, Detail: ehemals angelegte Butzenscheiben, von Carpaccio übermaltDatierung
2023Technik / Material
InfrarotreflektogrammCreditline
Staatsgalerie StuttgartCopyright
© Staatsgalerie StuttgartDrei Heilige im Gespräch: Am linken Bildrand steht der heilige Markus – der Patron der Stadt Venedig. Mittig thront der heilige Thomas von Aquin an einem Schreibpult; zu seinen Füßen kniet der Sohn des Stifters dieser Tafel. Und rechts steht der heilige Ludwig von Toulouse im Bischofsornat.
Was verbindet diese Figuren? Theologisch betrachtet, nicht allzu viel. Sie lebten zu unterschiedlichen Zeiten und können sich daher nie begegnet sein. Doch sie tragen die Vornamen einer bedeutenden venezianischen Familie – der Dragan. Tommaso Dragan und sein Schwager Marco gehörten zu einer Generation, die die Glasherstellung revolutioniert hatte. Dank hochwertiger, von weither importierter Rohstoffe und neuer Fertigungstechniken konnte ab dem späten 15. Jahrhundert ein besonders qualitätvolles und reines Weißglas produziert werden: das Luxusprodukt Kristallglas.
Darauf verweist auch die Bibelstelle aus der „Offenbarung des Johannes“, die Ludwig in den Händen hält:
„Und er zeigte mir einen Strom, das Wasser des Lebens, klar wie Kristall; er geht vom Thron Gottes und des Lammes aus.“
Als Carpaccio das bestellte Altargemälde auslieferte, dürfte es jedoch zu einem kleinen Eklat gekommen sein. Schauen Sie einmal auf die Wolken, die sich oben vor den Schreibplatz des heiligen Thomas schieben und so eine zweite Ebene in der Komposition bilden: Die ein rotes Band haltenden Engel und die beiden roten Engelsköpfchen scheinen nachträglich in das Altarbild gekommen zu sein… Und tatsächlich: Infrarotuntersuchungen machten kürzlich eine darunterliegende Unterzeichnung sichtbar. Sie können eine Infrarot-Aufnahme als zweite Abbildung der Station sehen. Über den Köpfen von Markus und Ludwig ist dort deutlich eine Bogenarchitektur mit kreisrunden Glasscheiben zu erkennen: sogenannte Butzenscheiben – die damals übliche Art, Fenster zu verglasen.
Offenbar war Carpaccio einem Missverständnis aufgesessen: Die aufstrebende Familie Dragan hatte ihren Reichtum nicht der Herstellung ordinärer Butzenscheiben zu verdanken, sondern der Fertigung vergoldeter und emaillierter Kristallgefäße! Vermutlich wiesen die Dragan das Gemälde empört zurück und zwangen Carpaccio zu einer hastigen Umarbeitung.
In dem zu dieser Altartafel ausgewählten Musikstück von Alexander Demophon Venetus wird Maria, die Muttergottes, direkt angesprochen: „Volgi gli occhi, o madre pia“ – „Wende deine Augen, oh fromme Mutter“. Sie können die Musik über den zweiten Player in voller Länge abrufen.